Die Vögel, Roman von Tarjei Vesaas, veröffentlicht 1957.
Nicht zu verwechseln mit Daphne du Mauriers Kurzgeschichte und dem Drehbuch für Hitchcocks Vogelhorrorfilm, ist dies eine weitaus zurückhaltendere und ergreifendere Angelegenheit von einer der herausragenden skandinavischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. Und dies ist – zusammen mit Der Eispalast – wahrscheinlich Vesaas‘ bester Roman.
Die Vögel erzählt die Geschichte der Geschwisterbeziehung eines einfältigen Jungen, Mattis, und seiner älteren Schwester, Hege, die ihn emotional und körperlich umsorgt. Sie leben zusammen an einem See tief im norwegischen Hinterland, aber Hege ist ihrer geschlossenen Welt der Selbstaufopferung überdrüssig. Das ändert sich, als Mattis, der die Rolle eines Fährmanns spielt, seinen einzigen echten Passagier nach Hause bringt. Jørgen ist ein reisender Holzfäller, der ein Dach für die Nacht braucht, zumal Mattis‘ undichtes Boot seinen Rucksack teilweise durchnässt hat. Hege fühlt sich von dem Neuankömmling angezogen und gleichzeitig aufgeregt – sehr zum Leidwesen von Mattis. Die Dynamik ihrer Beziehungen wird genau beobachtet, und die Auflösung ist besonders eindringlich und enthüllt einen Teil des Hinweises auf den Titel.
Vesaas war der führende Vertreter des Stils, den man landsmål oder „Landsprache“ oder Nymorsk („Neu-Norwegisch“) nennt, wie er später genannt wurde. Die Vögel“ beschreibt in völlig glaubwürdigen Dialogen hochgradig aufgeladene Beziehungen und Erlebnisse in einer atemberaubenden, ursprünglichen Landschaft. Der Roman kann auch als allegorisch und symbolisch verstanden werden – ein herzliches Plädoyer für Toleranz gegenüber Außenseitern.