Wenig ist über Psychosen und Halluzinationen bei Vorschulkindern (Alter ≤5) bekannt; daher kann ihr Sprachgebrauch bei der Beurteilung helfen. Aufgrund ihrer kognitiven Unreife denken Kinder oft unlogisch und assoziieren lose und beschreiben ihre Gedanken möglicherweise als „Stimmen“. Dies ist häufig bei Kindern mit Sprachstörungen – und manchmal auch bei gesunden Patienten – der Fall, die über Stimmen sprechen, weil sie ihre eigenen Gedanken nicht beschreiben können.
Kinder mit ADHS und/oder oppositionellem Trotzverhalten sind oft impulsiv und zeigen ein schlechtes Urteilsvermögen und beschuldigen möglicherweise Stimmen, ihnen zu sagen, dass sie schlechte Dinge tun sollen. Diese „Halluzinationen“ können innere Gedanken darstellen, die mit dem Gewissen des Kindes kämpfen.6 Über auditive und visuelle Halluzinationen wurde bei Kindern mit Tourette-Syndrom berichtet, insbesondere in Verbindung mit ADHS oder Zwangsstörungen.19
Medizinische Ursachen. Elektrolytstörungen, Stoffwechselstörungen, Fieber und schwere Infektionen sind häufige nicht-psychiatrische Ursachen für Halluzinationen.20 Hirnneubildungen – insbesondere in den visuellen Assoziationsbereichen, im Schläfenlappen oder in Teilen des Sehnervs oder der Netzhaut – können ebenfalls Halluzinationen hervorrufen, die komplex und bildreich sein können.21
Medikamente wie Steroide und Anticholinergika können Halluzinationen verursachen. In Fallstudien wird von visuellen und taktilen Halluzinationen unter Methylphenidat-Therapie berichtet, die nach Absetzen des Medikaments wieder verschwinden.22 Illegale Substanzen, einschließlich Cannabis, Lysergsäurediethylamid (LSD), Kokain, Amphetamine, 3,4-Methylendioxymeth-Amphetamin (Ecstasy), Opiate und Barbiturate, können Halluzinationen hervorrufen.
Verdacht auf substanzinduzierte Halluzinationen, wenn Ihr Patient zeigt:
- akutes Auftreten von Halluzinationen
- erweiterte Pupillen
- extreme Unruhe oder Schläfrigkeit
- andere Anzeichen einer Intoxikation.
Halluzinationen, die durch Anfallsleiden verursacht werden, sind selten, können aber somatosensorisch, visuell (Okzipitallappenfokus), auditiv, olfaktorisch (uncinatus, komplex partiell) oder gustatorisch sein. Die Halluzinationen können ungeformt (blinkende Lichter oder rauschende Geräusche) oder geformt sein (Bilder, gesprochene Worte oder Musik) und können Teil der Aura sein, die vom Schläfenlappen ausgeht (traumähnlich, Flashbacks). Kommando-Halluzinationen sind selten, und erwachsene und pädiatrische Patienten empfinden sie in der Regel als nicht real.23
Migräne tritt bei etwa 5 % der präpubertären Kinder auf und ist häufig mit affektiven und Angststörungen komorbid.24 Mit Migräne assoziierte Halluzinationen sind in der Regel visuell, aber es können auch gustatorische, olfaktorische und auditive Halluzinationen auftreten, mit oder ohne Kopfschmerzen.3 Jede mit Kopfschmerzen assoziierte Halluzination sollte neurologisch untersucht werden. Weitere diagnostische Aspekte von Halluzinationen, die bei der Befragung von Kindern berücksichtigt werden sollten, sind in Tabelle 4 aufgeführt.25-28
Tabelle 1
Mögliche Ursachen von Halluzinationen bei Kindern und Jugendlichen
Normale Entwicklung
Nichtpsychotische Psychopathologie
Psychosoziale Widrigkeiten
Psychotische Erkrankungen
Stress
Familie Dysfunktion
Deprivation
Entwicklungsschwierigkeiten
Soziokulturelle Interaktion (Einwanderung)
wenig differenzierte männliche und weibliche Familienrollen
Anwesenheit oder Fehlen unterschiedlicher Mutterfiguren
Kulturelle Faktoren (Hexen, Geister, Spiritismus)
Halluzination des verstorbenen Elternteils, wenn beim überlebenden Elternteil ungelöste Trauer fortbesteht
Quelle: Literaturhinweise 6,10-13
Tabelle 2
Der Inhalt von Halluzinationen kann auf ihre Ursache hinweisen
Schizophrenie oder andere psychotische Störungen | Möglicherweise hören sie mehrere Stimmen, die einen kritischen Befehlshalluzinationen, die den Patienten auffordern, sich selbst oder anderen zu schaden Bizarre Stimmen wie „ein Computer in meinem Kopf“ oder Außerirdische Stimmen von jemandem, der vertraut ist oder ein „Verwandter“ Visuelle Halluzinationen von Teufeln, gruseligen Gesichtern, Weltraumwesen, und Skeletten |
Depressive Störungen | In der Regel eine einzelne Stimme, die von außerhalb des Kopfes des Patienten spricht, mit abfälligem oder selbstmörderischem Inhalt |
Bipolare Störung | In der Regel mit grandiosen Vorstellungen über Macht, Wert, Wissen, Familie, oder Beziehungen |
Trauer | In der Regel eine vorübergehende (visuelle oder auditive) Wahrnehmung der verstorbenen Person |
Posttraumatische Belastungsstörung | Vorübergehende visuelle Halluzinationen, gewöhnlich mit phobischem Inhalt |
Quelle: Referenz 11 |
Tabelle 3
Halluzinationen bei jungen Patienten: Differentialdiagnosen
Psychiatrische Störungen, die in der Regel durch psychotische Merkmale definiert sind, einschließlich:
- Schizophrenie und schizophreniforme Störungen
- bipolare Störung mit psychotischen Merkmalen
- majordepressive Störung mit psychotischen Merkmalen
Psychiatrische Störungen, die in der Regel keine Halluzinationen beinhalten, bei denen Halluzinationen jedoch als komorbide oder assoziierte Symptome auftreten können, wie z. B.:
- Störungen des störenden Verhaltens
- Angststörungen
- posttraumatische Belastungsstörung
- Anpassungsstörung
- Trauer oder Trauer
- dissoziative Störungen
- Aufmerksamkeits-.Defizit-/Hyperaktivitätsstörung
- oppositionelles Trotzverhalten
- Tourette-Syndrom
- Sprachstörungen
Prodromale und gefährdete klinische Zustände psychiatrischer Störungen (psychotische und Stimmungsstörungen)
Medikamente (Steroide, Anticholinergika, Stimulanzien)
Drogenintoxikation und -missbrauch
- Halluzinogene
- Cannabis
- Ecstasy (3,4-Methylendioxymethamphetamin)
- Kokain
- Amphetamine
- Barbiturate
- Opiate
Organische oder nichtpsychiatrische Erkrankungen
- Infektionen
- Fieber
- Migräne
- Anfälle
- Neoplasmen
Stoffwechselstörungen
- Schilddrüsenstörungen
- Parathyroidstörungen
- Nebennierenstörungen
- Morbus Wilson
- Porphyria
- Biberi
- Elektrolytstörungen
Quelle:
a. Schreier HA. Halluzinationen bei nicht psychotischen Kindern: häufiger als wir denken? J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 1999;38(5):623-625.
b. Kotsopoulos S, Konigsberg J, Cote A, et al. Halluzinatorische Erfahrungen bei nicht-psychotischen Kindern. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 1987;26:375-380.
c. Yates TT, Bannard JR. Das „heimgesuchte“ Kind: Trauer, Halluzinationen und Familiendynamik. J Am Acad Child Adolesc Psychiatry. 1988;27:573-581.
d. Lewis M. Child and adolescent psychiatry: a comprehensive textbook. 3rd ed. Philadelphia, PA: Lippincott Williams and Wilkins; 2002.
e. Pao M, Lohman C, Gracey D, et al. Visuelle, taktile und phobische Halluzinationen: Erkennung und Behandlung in der Notaufnahme. Pediatr Emerg Care. 2004;20:30-34.
f. Edelsohn GA. Halluzinationen bei Kindern und Jugendlichen: Überlegungen für die Notaufnahme. Am J Psychiatry. 2006;163(5):781-785.
g. Sosland MD, Edelsohn GA. Halluzinationen bei Kindern und Heranwachsenden. Curr Psychiatry Rep. 2005;7:180-188.