- Genomweite Suche nach Mikroaberrationen: Array-CGH
- Um diese Limitationen der bestehenden Techniken aufzuheben, ist die Array-CGH eine geeignete Alternative.
- Schematische Darstellung der Array-CGH-Technik:
- Anwendungen der Array-CGH
- Referenzen
- Shaw-Smith C, Redon R, Rickman L, Rio M, Willatt L, Fiegler H, Firth H, Sanlaville D, Winter R, Colleaux L, Bobrow M, Carter NP. Microarray based comparative genomic hybridisation (array-CGH) detects submicroscopic chromosomal deletions and duplications in patients with learning disability/mental retardation and dysmorphic features. J Med Genet. 2004 Apr;41(4):241-8.
- de Vries BB, Pfundt R, Leisink M, Koolen DA, Vissers LE, Janssen IM, Reijmersdal S, Nillesen WM, Huys EH, Leeuw N, Smeets D, Sistermans EA, Feuth T, van Ravenswaaij-Arts CM, van Kessel AG, Schoenmakers EF, Brunner HG, Veltman JA. Diagnostic genome profiling in mental retardation. Am J Hum Genet. 2005 Oct;77(4):606-16.
- Menten B, Maas N, Thienpont B, Buysse K, Vandesompele J, Melotte C, de Ravel T, Van Vooren S, Balikova I, Backx L, Janssens S, De Paepe A, De Moor B, Moreau Y, Marynen P, Fryns JP, Mortier G, Devriendt K, Speleman F, Vermeesch JR. Emerging patterns of cryptic chromosomal imbalances in patients with idiopathic mental retardation and multiple congenital anomalies: a new series of 140 patients and review of the literature. J Med Genet. 2006.
- Rickman L, Fiegler H, Shaw-Smith C, Nash R, Cirigliano V, Voglino G, Ng BL, Scott C, Whittaker J, Adinolfi M, Carter NP, Bobrow M. Pränatal detection of unbalanced chromosomal rearrangements by array-CGH. J Med Genet. 2006 Apr;43(4):353-61.
- Van den Veyver, IB; Beaudet AL. Vergleichende genomische Hybridisierung und pränatale Diagnose. Curr Opin Obstet Gynecol 2006 (18): 185-191.
- Die Bedeutung der CNVs (copy number variations) für die Array-CGH
- Feuk L, Carson AR, Scherer SW. Strukturelle Variation im menschlichen Genom. Nat Rev Genet. 2006 Feb;7(2):85-97
Genomweite Suche nach Mikroaberrationen: Array-CGH
Schon lange sind komplexe Syndrome bekannt, die auf Vermehrung oder Verminderung des chromosomalen Materials beruhen. So ist bei der Trisomie 21 ein komplettes Chromosom dreifach statt doppelt vorhanden. Bei Mikrodeletionssyndromen wie z. B. dem Williams-Beuren-, Prader-Willi- oder Smith-Magenis Syndrom fehlen mehr oder weniger definierte Abschnitte eines Chromosoms in meist submikroskopischer Größenordnung von einigen Megabasen. Bei den monogenetischen Erkrankungen entdeckt man in jüngster Zeit immer häufiger Deletionen oder Duplikationen einzelner Gene oder Genabschnitte als krankheitsverursachend.
Die Techniken, die bisher in der Diagnostik solcher Gendosisveränderungen eingesetzt werden, haben ihre Limitationen: So kann man mit molekularzytogenetischen Methoden wie FISH oder molekulargenetischen Methoden wie MLPA zwar mit hoher bzw. höchster Auflösung arbeiten, muss aber a priori wissen bzw. vermuten, welcher Bereich des Genoms betroffen ist. Andererseits kann die klassische Zytogenetik oder auch die CGH-Technik (‚comparative genomic hybridization‘: Vergleichende Hybridisierung von Patienten- und Referenz-DNA an Metaphase-Chromosomen) das gesamte Genom abdecken, aber die Auflösung ist durch den Einsatz des Lichtmikroskops im besten Fall auf ca. 5 Mb beschränkt.
Um diese Limitationen der bestehenden Techniken aufzuheben, ist die Array-CGH eine geeignete Alternative.
Hierbei wird die konventionelle CGH-Technik kombiniert mit den Erfahrungen aus der Expressionsanalyse mittels Mikroarrays: Als Hybridisierungstargets dienen auf der Oberfläche eines Glasobjektträgers immobilisierte definierte DNA-Fragmente, wobei der Begriff ‚Array‘ sich auf die regelmäßige, rasterförmige Anordung dieser Fragmente bezieht. Die Fragmente sind so ausgewählt, daß sie das menschliche Genom möglichst gleichmäßig abdecken.
Für die Analyse werden etwa gleiche Mengen der Patienten- und einer genomischen Referenz-DNA auf dem Array kohybridisiert. Da die DNA-Proben von Patient und Referenz mit unterschiedlichen Fluoreszenzfarbstoffen markiert sind, führt eine numerische Veränderung im Patientengenom über eine Verschiebung im Hybridisierungsverhältnis zu einer Farbverschiebung des Fluoreszenzsignals einzelner Fragmente.
Schematische Darstellung der Array-CGH-Technik:
in Scanner detektiert die Fluoreszenzsignale und registriert die Farbverschiebungen. Mit entsprechender Software wird den Signalen die Genregion zugeordnet und schliesslich kann man sich das Ergebnis z. B. als ‚Karyogramm‘ anzeigen lassen, wobei ersichtlich wird, an welcher Stelle eines Chromosoms Veränderungen vorliegen.
Darstellung eines Ergebnisses der Array-CGH: Duplikation des Bereichs Xp11-p21.1 (erstellt am ZMG mit CGHAnalytics, Agilent)
Die Anzahl und die Dichte der Fragmente auf dem Array bestimmen die Auflösung der Array-CGH. Aktuell sind Arrays mit einer Abdeckung des gesamten menschlichen Genoms in einer Auflösung von 1 Mb bis hinunter zu etwa 35 kb erhältlich. Durch die stetig steigende Anzahl von Fragmenten pro Array wird sich die Auflösung weiter erhöhen. So können Imbalancen einzelner Gene zuverlässig nachgewiesen werden.
Anwendungen der Array-CGH
Die Array- CGH ist also eine Technik, bei der das komplette Genom eines Patienten mit hoher Auflösung auf Abweichungen von der normalen Gendosis untersucht werden kann. Sie gewinnt als innovative Screening-Methode zunehmend an Bedeutung, wobei sie zuerst vor allem in der Tumordiagnostik eingesetzt wurde. Denn die Tumorprogression ist durch eine Akkumulation von Aberrationen gekennzeichnet, die mit einer Amplifikation von Onkogenen und einer Deletion von Tumorsuppressorgenen einhergehen können.
Von besonderem Interesse ist die ArrayCGH für die Diagnostik bei Fällen ungeklärter mentaler Retardierung. In der Standard-Zytogenetik sind bei Patienten mit mentaler Retardierung und zusätzlichen Dysmorphiezeichen oder familiärer Häufung in etwa 5 % der Fälle Aberrationen sichtbar. Durch Subtelomerscreening mit FISH oder MLPA kann in weiteren ca. 5 % der Fälle eine Ursache gefunden werden. Neueste Untersuchungen zeigen, daß Array-CGH mit einer Auflösung von etwa 1 Mb bei Patienten mit unauffälligem Karyotyp und negativem Subtelomerbefund in 10-15 % der Fälle genomische Imbalancen aufdeckt. (s. Literatur). Man geht davon aus, daß sich diese Detektionsrate bei steigender Auflösung der Arrays noch erhöhen wird. Einige Arbeitsgruppen empfehlen bereits, bei ungeklärter mentaler Retardierung die Array-CGH als ersten diagnostischen Schritt durchzuführen.
Die Array-CH entdeckt aber nicht nur neue Imbalancen, sondern mit ihrer Hilfe kann bei zytogenetisch sichtbarem Verlust oder Zugewinn von chromosomalen Bereichen die Größe der Deletion, die Lage der Bruchpunkte oder der Ursprung des zusätzlichen Materials exakt bestimmt werden. Das ist wichtig für eine genaue Genotyp-Phänotyp-Korrelation und zur Identifizierung von Kandidatengenen, die an der Entwicklung von MR und Dysmorphien beteiligt sind. Bei einigen bisher als „balancierten“ Translokationen befundeten chromosomalen Auffälligkeiten konnte durch Array-CGH nachgewiesen werden, daß im Bereich der Bruchpunkte genetisches Material deletiert oder dupliziert ist und somit eine unbalancierte Translokation vorliegt. So werden mit Hilfe der Array-CGH zytogenetische Befunde präzisiert und korrigiert.
Während also die Grenzen zwischen Zytogenetik und Molekulargenetik immer mehr verwischen, bleibt die Karyotypisierung weiterhin wichtig, weil bestimmte chromosomale Veränderungen mit der Array-CGH nicht nachweisbar sind: Polyploidien, echte balancierte Translokationen und Mosaikzustände mit geringem Anteil aberranter Zellen.
Wegen der hohen Detektionsrate über das komplette Genom und der Tatsache, daß keine zeit- und arbeitsintensive Zellkultur nötig ist, ergeben sich durch die Array-CGH neue Möglichkeiten für die Pränataldiagnostik.
Bei allen Vorzügen und Möglichkeiten dieser zukunftsweisenden Technik sollte man aber nicht vergessen, daß hier der Sprung von der Forschung in die Diagnostik gerade erst erfolgt. So klärt die Array-CGH nicht nur offene Fragen, die Interpretation der Ergebnisse kann auch neue Fragen aufwerfen:
Durch Array-CGH-Studien ist entdeckt worden, daß das menschliche Genom einen unerwartet hohen Anteil von Bereichen enthält, deren Kopienzahl bei phänotypisch normalen Menschen variiert (s. Literatur). Die Größe dieser CNVs (‚copy number variations‘) reicht von einigen Kilobasen bis zu mehreren Megabasen. Es wird geschätzt, daß jedes Individuum mindestens 3-11 solcher Variationen trägt. Datenbanken, die solche Polymorphismen (d. h. Mutationen, die sich nicht offensichtlich auf den Phänotyp auswirken) auflisten, werden gerade erst erstellt und sind daher noch unvollständig. Wenn nun in der DNA eines Patienten durch Array-CGH Aberrationen gefunden werden, ist es oft spekulativ, ob diese überhaupt für den Phänotyp verantwortlich sind. In den meisten Fällen ist es nötig, die DNA der Eltern ebenfalls zu untersuchen.
Die Wahrscheinlichkeit, dass eine chromosomale Aberration krankheitsverursachend ist, steigt
- mit der Größe der Aberration
- wenn sie „de novo“ vorliegt, die Eltern also diese Aberration nicht tragen
- wenn sie in keiner Datenbank für Polymorphismen aufgeführt ist
- wenn Gene betroffen sind, die mit dem beobachteten Phänotyp in Verbindung gebracht werden können
- wenn Fälle mit gleicher oder ähnlicher Aberration bekannt sind, die einen ähnlichen Phänotyp zeigen.
Je mehr die Array-CGH in der klinischen Diagnostik eingesetzt werden wird, desto eher wird sich auch das Array-Design an die Ansprüche dieses Bereichs anpassen: Durch eine Vermeidung bekannter CNV-Regionen und eine Bevorzugung von chromosomalen Bereichen und Genen, die bei mentaler Retardierung und Dysmorphiesyndromen eine Rolle spielen, werden die Arrays für die prä- und postnatale Diagnostik immer interessanter.
Unser Institut hat die Weichen gestellt, um die Vorteile der Array-Technologie schon jetzt zu nutzen und zukünftige Entwicklungen sofort aufgreifen zu können. Wir haben uns für eine technische Ausrüstung entschieden, die auch Arrays mit höchster Auflösung sicher und reproduzierbar auswerten kann.
Sprechen Sie uns an, wenn Sie unsere Leistungen und Erfahrungen im Bereich der Array-CGH nutzen wollen. Wir informieren Sie gerne über die Dauer einer solchen Untersuchung, die Kosten und die aktuell verwendbaren Array-Designs.
Referenzen
Array-CGH bei mentaler Retardierung
Shaw-Smith C, Redon R, Rickman L, Rio M, Willatt L, Fiegler H, Firth H, Sanlaville D, Winter R, Colleaux L, Bobrow M, Carter NP. Microarray based comparative genomic hybridisation (array-CGH) detects submicroscopic chromosomal deletions and duplications in patients with learning disability/mental retardation and dysmorphic features. J Med Genet. 2004 Apr;41(4):241-8.
de Vries BB, Pfundt R, Leisink M, Koolen DA, Vissers LE, Janssen IM, Reijmersdal S, Nillesen WM, Huys EH, Leeuw N, Smeets D, Sistermans EA, Feuth T, van Ravenswaaij-Arts CM, van Kessel AG, Schoenmakers EF, Brunner HG, Veltman JA. Diagnostic genome profiling in mental retardation. Am J Hum Genet. 2005 Oct;77(4):606-16.
Menten B, Maas N, Thienpont B, Buysse K, Vandesompele J, Melotte C, de Ravel T, Van Vooren S, Balikova I, Backx L, Janssens S, De Paepe A, De Moor B, Moreau Y, Marynen P, Fryns JP, Mortier G, Devriendt K, Speleman F, Vermeesch JR. Emerging patterns of cryptic chromosomal imbalances in patients with idiopathic mental retardation and multiple congenital anomalies: a new series of 140 patients and review of the literature. J Med Genet. 2006.
Array-CGH in der Pränataldiagnostik