In diesem Artikel werden allgemeine Fragen im Zusammenhang mit Problemen mit der Geschlechtsidentität, der Geschlechtsumwandlung und der klinischen Behandlung von Patienten mit uneindeutigen Genitalien erörtert, und zwar anhand der detaillierten Fallgeschichte eines Patienten mit Penisagenesie, der seit mehr als 20 Jahren beobachtet wird. Nach anfänglicher Unsicherheit begann der Patient als Junge aufzuwachsen, lebte ab dem vierten Lebensjahr als Mädchen und junge Frau und ab der späten Pubertät als Mann. Im Laufe seines Lebens erfuhr er umfangreiche Korrekturoperationen sowie eine hormonelle Substitutionstherapie. Prä- und perinatale hormonelle Bedingungen, die Phänomenologie der Genitalien, das Geschlecht der Aufzucht, der Zeitpunkt der Geschlechtsumwandlung und der korrigierenden Operationen scheinen wichtige Komponenten für die Entwicklung des Geschlechtsrollenverhaltens, der Geschlechtsidentität und der sexuellen Orientierung intersexueller Patienten zu sein. Die Befunde und retrospektiven Überlegungen zu dieser Patientin legen nahe, dass bei der diagnostischen Aufarbeitung, bei Ansätzen zur Geschlechtszuweisung und möglichen Geschlechtsumwandlung sowie beim klinischen Management von Patienten und Familien eine sorgfältige Differenzierung erforderlich ist.